Kind streckt Zunge raus

Vielen Menschen sind die Nebenwirkungen, welche durch eine Fehlbildung des Zungen- oder Lippenbändchen verursacht werden, gar nicht bewusst. Vor allem wissen die wenigsten, dass diese Fehlbildungen unsere Entwicklung vom Kindesalter an und unseren Schlaf im Erwachsenenalter beeinflussen kann.

Lese hier, welche Auswirkungen das Zungen- oder Lippenbändchen auf deinen Körper hat:

Der Mundbereich

Das Zungenbändchen

Das Zungenbändchen, welches auch den Namen „Frenulum linquae“ trägt, ist eine Schleimhautfalte, welche die Zungenunterseite mit dem Mundboden verbindet. Dieses schmale Gewebeband gibt der Zunge Halt und Beweglichkeit. Dadurch wird uns ermöglicht zu essen, zu trinken und zu schlucken. Diese Funktionen können nicht immer optimal erfüllt werden, wenn eine Ankyloglossie (verkürztes Zungenbändchen) vorherrscht. Dies ist eine angeborene Fehlbildung, bei dem Babys mit einem zu kurzen, zu dicken oder zu straffen Zungenbändchen auf die Welt kommen.

Das Lippenbändchen

Das Lippenbändchen, welches auch den Namen „Frenulum mediale“ trägt, ist ein dünnes Häutchen, welches die obere und untere Lippe mit dem Kiefer verbindet. Die genaue Funktion des Lippenbändchen ist bisher unklar, weshalb eine Durchtrennung keine negativen Auswirkungen hat. Es wurde aber bewiesen, dass ein zu starkes Lippenbändchen durchaus für eine Lücke zwischen den vorderen Zähnen oder auch für das Lispeln verantwortlich ist.

Welche Probleme können auftreten?

Das Lippenbändchen hat deutlich weniger negativen Einfluss auf den Menschen als das Zungenbändchen. Vor allem das untere Lippenbändchen hat keinerlei Auswirkungen auf den Mundbereich bei einer Fehlbildung. Das obere Lippenbändchen hingegen kann zu auseinanderstehenden Zähnen oder zu Sprachfehlern führen. Deshalb sollte man diese Entwicklungen im Kindesalter beobachten, um notfalls eine Trennung des Lippenbändchen zu veranlassen. Im Erwachsenenalter wäre es für diesen einfachen Eingriff zu spät und man könnte zusätzlich auch einen Rückgang des Zahnfleisches beobachten. Zudem kann die Spaltung der vorderen Zähne so weit entwickelt sein, dass es Schmerzen im ganzen Kiefer verursachen könnte.

Probleme durch ein zu kurzes Zungenbändchen

Auch das Zungenbändchen kann bei einer Fehlbildung zu Problemen in der Sprachentwicklung führen. Manche Kinder tun sich dann schwer, bestimmte Laute auszusprechen. Durch die eingeschränkten Bewegungen der Zunge wird zudem das Kauen erschwert, was die Nahrungsaufnahme einschränkt. Man kann diese Fehlbildung beim Essen feststellen, wenn das Kind einen Würgereiz bekommt, sich wiederholt verschluckt oder auch nach dem Essen erbrechen muss. Manche Kinder entziehen sich deshalb vieler Mahlzeiten und möchten nur bestimmte Nahrungsmittel essen, die nicht so viel Kauen erfordern.

Auswirkungen auf das Stillen und die Kieferentwicklung

Dies wird vor allem in den ersten Lebensmonaten fatal, wenn die Mutter das Kind nicht richtig stillen kann, weil es die Nahrung nicht richtig aufnehmen kann oder es schlichtweg verweigert. Auch wenn das Stillen heutzutage freiwillig ist, bleibt es dennoch die natürliche Nahrung des Babys. Bei dieser Nahrungsaufnahme legt sich die Zunge des Kindes auf die Unterlippe, was nur möglich ist, wenn das Zungenbändchen lang genug ist. Wenn das Kind jedoch an einer Ankyloglossie leidet, kann es nicht gestillt werden und in manchen Fällen kann das Baby nicht einmal aus der Flasche trinken. Beim Stillen kann man eine Fehlbildung des Zungenbändchens daran erkennen, wenn dem Kind beim Trinken die Muttermilch aus dem Mund läuft oder wenn das Kind die Flasche voll Milch beim Trinken hin und zurück schiebt.

Ein zu kurzes Zungenbändchen kann zudem zu einer Fehlbildung des Kiefers führen. Hierbei kann sich der Unterkiefer nicht vollständig entwickeln und der Oberkiefer bildet sich sogar schmaler aus als vorgesehen. Dies kann wiederum dazu führen, dass sich einzelne Zähne schief herauswachsen oder sogar Atemprobleme verursacht werden.

Kind mit Flasche

Wie wird der Schlaf dadurch beeinträchtigt?

Wenn das Kind seine Nahrung nicht richtig aufnehmen kann, beeinflusst es natürlich seinen Schlaf. Die meisten Babys werden müde, nachdem sie gegessen haben. Wenn sie aber nicht satt werden, da die Nahrungsaufnahme durch ein kurzes Zungenbändchen erschwert wird, haben sie Probleme beim Einschlafen. Zudem kann durch ein kurzes Zungenbändchen die Zunge bei geschlossenem Mund keine korrekte Ruhelage einlegen. Wenn der Mundbereich sich nicht entspannen kann, wird auch das Nervensystem aktiv bleiben, was wiederum einen konstanten Spannungszustand im gesamten Körper hervorruft. Dies hat zur Folge, dass ein gesunder Schlaf verhindert wird, da der Organismus nicht in den Ruhemodus gelangen kann.

Durch eine Ankyloglossie können die Schlafprobleme zudem auch atemassoziiert sein. Dies kann sich anhand von Zähneknirschen oder Schnarchen bemerkbar machen. Manche Menschen verspüren auch ein Durstgefühl oder einen Harndrang in der Nacht, was sie nicht durchschlafen lässt und ebenfalls einen gesunden Schlaf hemmt. Allgemein betrachtet, verhindert ein zu kurzes Zungenbändchen eine Tiefschlafphase, sodass die Betroffenen nie ausgeruht sind, weil sie in der Nacht häufig wach werden.

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Wann ist es ratsam das Zungenbändchen / Lippenbändchen zu trennen?

Sobald die ersten Milchzähne gewachsen sind und bereits eine Lücke zu sehen ist, sollte man sich nicht gleich sorgen. In den meisten Fällen verschwindet sie auch von allein wieder. Wenn der Zahnwechsel begonnen hat und die Lücke immer noch zu sehen ist, kann man darüber nachdenken, das Lippenbändchen zu durchtrennen. Auch wenn dies ein einfacher Eingriff ist, sollte man dies mit seinem Arzt vorher absprechen. Des Weiteren ist eine Zahnlücke keine Garantie dafür, dass Sprachprobleme auftreten.

Da die Zunge der stärkste Muskel des menschlichen Körpers ist, ist der Eingriff nicht so einfach wie bei einem Lippenbändchen. Zudem ist es äußerst selten, dass Kinder aufgrund dieser Fehlbildung in der Zukunft Probleme beim Sprechen bekommen. Selbst wenn dies der Fall ist, kann man eine Operation umgehen und sich stattdessen für einen Logopäden entscheiden. Möchten die Eltern doch eine Operation veranlassen, sollte dies frühestens im Grundschulalter geschehen. Aber auch hier sollte man zuerst Rücksprache mit einem Arzt halten.

Fazit

Ob ein Baby mit einem zu starkem Lippenbändchen oder einem zu kurzen Zungenbändchen geboren wird, hat nur selten schwerwiegende Folgen. Wenn aber das Stillen oder die Nahrungsaufnahme dadurch erschwert wird, sollte man eine Durchtrennung in Betracht ziehen. Denn dies hat auch großen Einfluss auf den Tiefschlaf. Es kann vorkommen, dass der Mensch durch eine solche Fehlbildung im Mundbereich öfter nachts aufsteht und deshalb dauerhaft erschöpft ist. Dadurch hat entsteht eine eingeschränkte Lebensqualität, welche sich ebenfalls auf die eigene Gesundheit negativ auswirken kann. Am Ende müssen die Eltern auf ihr Bauchgefühl vertrauen und das Zungen- oder Lippenbändchen nur entfernen, wenn sie es für notwendig halten. Aus ästhetischen Gründen wie einer Zahnlücke ist das kein Muss, wenn dadurch aber ein Schlafdefizit entsteht, sollte man es in Erwägung ziehen. Da der Eingriff keine Garantie dafür gibt, dass alle Beschwerden verschwinden, sollte man sich vorher unbedingt von einem Arzt beraten lassen.

Referenzen

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Über den Autor:

Jana ist eine wissensdurstige Texterin mit einem kürzlich erworbenen Bachelor in Germanistik, die sich auf medizinische Texte spezialisiert hat und in ihrer Freizeit gerne Yoga macht und lehrt.