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Wer sich abends stundenlang im Bett wälzt und einfach nicht einschlafen kann, braucht nur zu Melatonin zu greifen und schon lösen sich Schlafprobleme in Luft auf. So verspricht es zumindest die Werbung, die mit Melatonin versetzte Produkte als das Wundermittel anpreist, mit denen man schneller ein- und besser durchschlafen soll. Wir klären, ob die Einnahme von künstlichem Melatonin sinnvoll ist und tatsächlich dabei helfen kann, besser zu schlafen.

Was ist Melatonin?

Das Schlafhormon Melatonin steuert unseren Schlaf-Wach-Rhythmus und sorgt dafür, dass wir am Abend müde werden. Gebildet wird es in der Zirbeldrüse des Gehirns. Sobald weniger Licht auf die Rezeptoren der Netzhaut im Auge fällt, beginnt die Drüse vermehrt Melatonin auszuschütten. Gleichzeitig sinken unsere Körpertemperatur sowie Blutdruck und wir werden müde. Während der Nacht steigt der Melatoninspiegel im Blut kontinuierlich an und hat zwischen 2 und 3 Uhr seinen Höchstwert erreicht. Danach fällt die Konzentration wieder ab und der Körper beginnt Cortisol auszuschütten, das auch als Stresshormon bekannt ist und die Aufgabe hat, dass wir wieder wach werden.

Künstliches Melatonin gegen Schlafprobleme

Um gesund und leistungsfähig zu bleiben, ist ausreichender Schlaf ein essenzieller Baustein. Trotzdem leiden laut einem Report der Krankenkasse DAK aus dem Jahr 2017 mehr als 80 Prozent aller Erwerbstätigen unter Ein- und Durschlafproblemen. Seit 2010 sei die Zahl der Menschen zwischen 35 und 65 Jahren mit Schlafstörungen sogar um 66 Prozent angestiegen, heißt es in dem Report weiter. Und auch, dass sich nur ein kleiner Teil der Betroffenen deswegen ärztliche Hilfe sucht. Viele versuchen stattdessen mit frei verkäuflichen Mitteln ihre Schlafprobleme selbst in den Griff zu bekommen wie zum Beispiel mit Melatoninpräparaten. Diese – meist in Form von Tabletten, Sprays oder Tees erhältlich – enthalten künstlich hergestelltes Melatonin und versprechen besseren Schlaf sowie einen eventuell vorhandenen Melatoninmangel auszugleichen.

Melatoninmangel als Ursache für Schlafstörungen

Wenn im Körper Tryptophanmangel herrscht, kann sich das auch auf die Produktion von Melatonin auswirken. Tryptophan ist eine Aminosäure, die nicht vom Körper selbst gebildet werden kann, aber notwendig ist, um den Neurotransmitter Serotonin und auch Melatonin zu produzieren. Oft reicht schon viel künstliches Licht aus, um die Melatoninproduktion zu hemmen und einen Mangel des Hormons zu erzeugen. Zudem gibt es weitere Ursachen, die sich negativ auf die Produktion des Schlafhormons auswirken, wie:

  • hoher Konsum von Tee und Kaffee
  • Stress
  • Rauchen
  • Alkoholgenuss
  • zu viel Sport
  • Hormonveränderungen im Alter
  • Einnahme von Medikamenten
  • unregelmäßiger Schlafrhythmus z.B. durch Schichtarbeit

Hält der Melatoninmangel über einen längeren Zeitraum an, können Schlafstörungen die Folge sein. Es gibt aber Symptome, an denen man erkennen kann, ob ein Mangel des Schlafhormons vorliegt oder nicht. Erste Anzeichen können bereits Ein- oder Durchschlafschwiergkeiten sein, ebenso wie innere Unruhe oder eine höhere Anfälligkeit für Stress. Hier kann eine angepasste Ernährung helfen, den Mangel auszugleichen. Empfohlen werden Mahlzeiten, die viel Tryptophan enthalten wie etwa Käse, Fisch, Obst wie Bananen, Nüsse und Samen, Hafer und helles Fleisch von Geflügel.

Wie wirken Melatoninprodukte aus der Drogerie?

Bei wem die entsprechende Ernährung nicht viel bringt, greift nicht selten auch auf Melatoninprodukte aus der Drogerie zurück. Bei Tees oder Tabletten mit Melatonin wird das Hormon über den Darm aufgenommen, bei den Sprays wirkt es über die Schleimhäute. Insgesamt haben diese Produkte jedoch nur eine geringe Menge Melatonin von etwa 0,5 Milligramm. Ihre Wirksamkeit ist deshalb stark umstritten. Studien haben zwar gezeigt, dass Melatonin die Einschlafzeit um einige Minuten verkürzen kann, aber insgesamt sind die Effekte eher gering. Vor allem bei jüngeren Menschen ist die zusätzliche Einnahme meistens ohne erkennbaren Effekt. Das Melatonin wirkt nur kurz und wird dann vom Körper rasch wieder abgebaut, sodass es für die Behandlung von Schlafstörungen nicht geeignet ist.

Melatonin als Medikament

Neben frei verkäuflichen Mitteln mit zugesetztem Melatonin gibt es auch verschreibungspflichtige Präparate, die vor allem bei Schlafstörungen verschrieben werden, bei denen keine Krankheit als Ursache der Insomnie vorliegt. Sie haben eine höhere Dosis von 2 Milligramm, werden jedoch nur an Personen ab 55 Jahren verschrieben, da der Melatoninspiegel mit dem Alter sinkt. Verschiedene Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Medikamente mit einer hohen Dosierung von Melatonin durchaus dazu beitragen können, die Einschlafzeit zu verkürzen und insgesamt die Schlafqualität zu verbessern. Diese Medikamente geben das Hormon über einen längeren Zeitraum ab und erhöhen so insgesamt den Melatoninspiegel im Körper.

Melatonin zur Bekämpfung von Jetlag

Ist der Schlaf-Wach-Rhythmus verschoben, etwa durch einen Jetlag oder durch Schichtarbeit, wird ebenfalls häufig die Einnahme von künstlichem Melatonin mit einer Dosierung von 0,5 bis maximal 5 Milligramm empfohlen.

Hat Melatonin Nebenwirkungen?

Wer sich für Melatoninprodukte mit geringem Wirkstoff entscheidet, wird meist keine Nebenwirkungen bemerken. Anders sieht es bei verschreibungspflichtigen Melatonintabletten aus. Diese können unter anderem zu Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Schwindel oder Gewichtszunahme führen. Auch allergische Reaktionen können durch Melatonin ausgelöst werden. Was eine dauerhafte Einnahme von künstlichen Hormonen bewirkt, ist abschließend noch nicht erforscht, weshalb Medizinerinnen und Mediziner davon abraten, Melatonin über einen längeren Zeitraum einzunehmen. Menschen, die unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder unter Depressionen leiden, wird ebenfalls von der Einnahme abgeraten, da Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten können. Und wer schwanger ist, sollte ebenfalls auf Melatoninpräparate verzichten, da bislang Forschungsergebnisse fehlen, die darauf hinweisen, ob das Hormon Auswirkungen auf das ungeborene Kind hat.

Referenzen:

  1. Schmiedel, Volker. „Melatonin–Der Bote der Nacht.“ Erfahrungsheilkunde06 (2010): 341-345.
  2. Kattan, Carolina. „Richtig schlafen.“ Chronische Erschöpfung-nur müde oder wirklich krank?. Springer, Berlin, Heidelberg, 2021. 37-46.
  3. Oechler, Martin. „SCHLAFSTÖRUNGEN GANZHEITLICH BEHANDELN.“ Bibliotheca Hevertica(2021).
  4. Sönnichsen, Andreas. „Hilft Melatonin bei Schlafstörungen?-Online ZFA.“ 03945 (2019): 103-103.
  5. Steinhilber, Dieter. „Melatonin, Melatonin‐Rezeptor‐Agonisten und Tryptophan als Schlafmittel. Natürlicher Schlaf?.“Pharmazie in unserer Zeit 3 (2007): 213-217.
  6. Jan, James E., Hilary Espezel, and R. E. Appleion. „The treatment of sleep disorders with melatonin.“Developmental Medicine & Child Neurology 2 (1994): 97-107.
  7. Schwarz, S., L. Frölich, and M. Deuschle. „Schlafstörungen bei älteren Menschen.“Der Internist 7 (2010): 914-922.

Über den Autor:

Schreiben war schon immer Judiths Ding. Deshalb führte sie ihr Weg auch schon in die verschiedensten Print- und Online-Redaktionen, wo sie über all die Themen schreibt, die sie selber interessieren: Literatur, Musik und gutes Essen. Bei Schlaf.de informiert sie Interessierte über alles, was mit dem Thema “Schlafen” zu tun hat. Und wenn sie mal nicht in die Tasten haut, ist sie garantiert auf der Suche nach neuen angesagten Restaurants, guckt Katzenvideos oder singt im wohl coolsten Chor Berlins.