Corona hat nicht nur unseren Alltag stark verändert. Auch unser Schlaf wird durch die Pandemie beeinflusst. Forscherinnen und Forscher der Universität Helsinki haben nun herausgefunden, dass wir seit Pandemiebeginn nicht nur wesentlich schlechter schlafen, sondern auch mehr Menschen als sonst unter Albträumen leiden. Viele von ihnen träumen dabei sogar vom Virus selbst oder von Themen wie Lockdown oder den Verlust eines geliebten Menschen durch Covid-19.
Warum haben wir eigentlich Albträume?
Albträume sind kein seltenes Phänomen. Allein in Deutschland ist jeder Zweite mehrmals im Jahr davon betroffen. Sie treten meist in der REM-Schlafphase auf. Betroffene wachen dann währenddessen plötzlich auf und können sich an zahlreiche Details aus dem Traum erinnern. Meist sind Albträume von schneller Atmung, starkem Schwitzen und Herzrasen begleitet. Und auch wovon wir träumen, ähnelt sich oft. Häufig wiederkehrende Themen sind zum Beispiel Zuspätkommen, das Gefühl, gelähmt zu sein, verfolgt werden oder der Verlust einer nahestehenden Person. Menschen, die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, sind besonders häufig von Albträumen betroffen. Nicht selten träumen sie dann sogar mehrmals die Nacht immer wieder von dem gleichen Thema. Aber auch Stress und andere Faktoren wie Schlafmangel, ein Burn-out, Angststörungen, ein Alkoholentzug oder Drogenkonsum können Albträume begünstigen. Die Ursache für Albträume erklären Forscher unter anderem damit, dass wir im Schlaf auch negative Erlebnisse vom Tag verarbeiten und sogar versuchen, Lösungen für diese Probleme zu finden.
Was passiert, wenn wir träumen?
Träume faszinieren die Menschheit schon immer. Früher glaubte man, Träume seien verschlüsselte Botschaften der Götter und dienten als eine Art Orakel für bevorstehende Schlachten. Heute weiß man, dass wir im Traum Erlebnisse des Tages verarbeiten und das träumen wichtig ist, um unsere körperliche wie mentale Gesundheit zu erhalten. Außerdem speichern wir neu Gelerntes beim Träumen im Gehirn ab. In der REM-Phase ist der Schlaf leichter, dafür sind die Träume intensiver und lebhafter. Wacht man in dieser Schlafphase auf, können wir uns meist sehr gut an das Geträumte erinnern. Während wir träumen, ist das limbische Zentrum im Gehirn, der Teil, der für das Verarbeiten von Emotionen verantwortlich ist, aktiver als im Wachzustand. Zeitgleich ist der Teil für planerisches Denken, der präfrontale Kortex, weniger aktiv, als wenn wir wach sind. Forscher sehen darin eine Erklärung, warum Träume selten von eher langweiligen Dingen wie Hausarbeit oder dem Wocheneinkauf handeln, sondern stattdessen fantasievoll, kreativ und manchmal wirr erscheinen. Träumen kann übrigens auch die eigene Kreativität anregen und Ideen für Bücher, Songs oder neue Hobbys liefern. Bestes Beispiel: Paul McCartney, der die Melodie seines Songs „Yesterday“ geträumt haben soll.
Was Corona mit unseren Träumen macht
Verlorene Reisepässe, überfüllte Orte, ein vergessener Mund-Nasenschutz, geschlossene Grenzen, Umarmungen oder der Tod geliebter Menschen – das sind nur einige der Themen, von denen Menschen seit Beginn der Corona-Pandemie träumen. Kein Wunder, denn was uns tagsüber beschäftigt, verarbeiten wir nachts in unseren Träumen. Wie genau sich aber Träume seit Corona verändert haben, wollen Forscherinnen und Forscher der Universität Helsinki mit einer Studie nun herausgefunden haben. Dazu befragten sie 811 Probanden zu ihren Träumen seit Pandemiebeginn und konnten feststellen, dass etwa ein Drittel von ihnen Träume mit direktem Bezug zur aktuellen Situation hat. Ein Grund dafür ist, dass die Pandemie mit ihren Einschränkungen und Verboten als Stress und psychische Belastung empfunden wird, die sich negativ auf den Schlaf und auf die Träume auswirkt. Auch das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim bestätigt eine Zunahme von Albträumen durch Corona und teilt die Träume in drei große Gruppen ein:
- Träume, in denen wir Angst um nahestehende Menschen haben, am Coronavirus zu erkranken oder zu sterben
- Träume, die sich auf Corona-Maßnahmen beziehen, z.B. ein vergessener Mundschutz oder Angst vor Händeschütteln
- Metaphorische Träume, in denen man in einer Kiste eingesperrt ist und das Gefühl hat, sich nicht frei bewegen zu können
Häufiger betroffen von Corona-Albträumen sind zudem Menschen, die die Situation sehr stark an sich heranlassen und sich viel mit der Thematik beschäftigen. Eine weitere Ursache für das vermehrte Auftreten von Albträumen können Depressionen sein, die während der Pandemie ebenfalls zugenommen haben.
Wie Corona unseren Schlaf verändert
Nicht nur unsere Träume haben sich seit Beginn der Corona-Pandemie verändert, auch die Qualität unseres Schlafes wird davon beeinflusst. Ausgangsbeschränkungen, veränderte Tagesabläufe und fehlende Ablenkung führten zu mehr Schlafstörungen mit Ein- und Durchschlafproblemen und dem daraus resultierenden Gefühl, tagsüber müde und erschöpft zu sein sowie unkontrolliertem Einschlafen am Tag. Dabei sind Menschen, die während der Pandemie mit finanziellen Sorgen durch Jobverlust oder Kurzarbeit belastet sind, stärker von Schlafstörungen betroffen als Personen, die im Homeoffice arbeiten.
5 Tipps, was man gegen Corona-Albträume tun kann
Wer unter Albträumen und Schlafstörungen durch die Corona-Krise leidet, muss die Situation nicht einfach so hinnehmen, sondern kann einiges tun, um seinen Schlaf zu verbessern und schlechte Träume zu verringern.
- Handy weglegen
Vor dem Schlafengehen noch mal schnell Nachrichten oder die neuesten Corona-Zahlen des RKI auf dem Smartphone lesen? Keine gute Idee, denn Nachrichten und Social Media verursachen Stress, die uns schlechter schlafen lassen. Also, Handy, Laptop und Co. ausschalten und lieber ein Buch lesen.
- Auf ausreichend Bewegung achten
Bewegung kann dabei helfen, Albträumen vorzubeugen. Deshalb sollte man sich tagsüber ausreichend bewegen. Vor allem Menschen, die im Homeoffice arbeiten, fehlt es oft an körperlichem Ausgleich. Ein kleiner Spaziergang in der Mittagspause, eine Runde Yoga zum Feierabend oder Sport zwischendurch hilft beim Stressabbau und lässt besser schlafen.
- Albträume zu Papier bringen
Wer nachts häufig unter Albträumen leidet, dem kann es helfen, ein Traumtagebuch zu führen. Das hilft dabei, das Geträumte besser zu verarbeiten und eventuelle Muster in den Träumen zu erkennen.
- Abschalten
Eine Runde meditieren, ein Entspannungsbad oder Tagebuch schreiben sind nur ein paar Ideen, die dabei helfen können, den Tag gedanklich abzuschließen und sich so auf die Nachtruhe vorzubereiten. Auch Online-Schlaftrainings sind eine gute Methode, da sie Techniken der Verhaltenstherapie nutzen, um die Schlafqualität nachhaltig zu verbessern. Oft werden die Kosten für Schlaftrainings auch ganz oder zumindest teilweise von vielen Krankenkassen übernommen.
- Einen Arzt um Rat fragen
Wenn keine der genannten Methoden hilft und die Corona-Albträume einen Nacht für Nacht den Schlaf rauben, sollte man unbedingt zum Arzt gehen und sich dort eine professionelle Meinung einholen.
Referenzen
- BERTRAMS, NINA, REINHARD PIETROWSKY, and ROBERT BERING. „Zur Bewältigung von Albträumen in der Corona-Krise.“Die Psyche in Zeiten der Corona-Krise: Herausforderungen und Lösungsansätze für Psychotherapeuten und soziale Helfer (2021): 222.
- Schmidt, Christa. „Psychosoziale Folgen der Corona Pandemie.“Spiritual Care 3 (2020): 229-230.
- Heiland, Konrad, and Hans-Christoph Zimmermann. „Geisterspiele. Gedanken zur Corona-Pandemie.“Prinzip Infektion. Psychosozial-Verlag, 2020.
- Pesonen, Anu-Katriina, et al. „Pandemic dreams: network analysis of dream content during the COVID-19 lockdown.“Frontiers in Psychology 11 (2020): 2569.
- Scarpelli, Serena, et al. „Pandemic nightmares: Effects on dream activity of the COVID‐19 lockdown in Italy.“Journal of sleep research (2021): e13300.
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- Scarpelli, Serena, et al. „Dreams and Nightmares during the First and Second Wave of the COVID-19 Infection: A Longitudinal Study.“Brain Sciences 11 (2021): 1375.