Das Schlafhormon Melatonin ist ein natürlicher Bestandteil des körpereigenen Schlaf-Wach-Systems. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Melatoninpräparate Erwachsenen helfen können, bestimmte Schlafstörungen zu bewältigen.
Vorläufige Forschungsergebnisse deuten auch darauf hin, dass Melatonin Kindern, die zu Schlafstörungen neigen, helfen kann. Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Asthma oder Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) haben mit größerer Wahrscheinlichkeit Einschlafprobleme als andere Kinder.
Da die Forschung über die Verwendung von Melatoninsupplementen bei Kindern begrenzt ist, empfehlen Experten, dass man mit dem behandelnden Arzt spricht, bevor man seinem Kind Melatonin gibt.
Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein natürliches Hormon, das von der Zirbeldrüse im Gehirn als Teil des körpereigenen Einschlafvorgangs ausgeschüttet wird. Wenn man der Dunkelheit ausgesetzt ist, produziert der Körper mehr Melatonin. Wenn man Licht ausgesetzt ist, produziert der Körper weniger Melatonin.
Melatoninpräparate können natürlich aus tierischen Quellen gewonnen oder synthetisch hergestellt werden. Es gibt sie in Form von Pillen, Pflastern und Flüssigkeiten.
In Deutschland kann man Melatonin-Nahrungsergänzungsmittel als freiverkäufliches Schlafmittel erwerben. In anderen Ländern ist Melatonin stärker reguliert und wird als rezeptpflichtiges Medikament eingestuft.
Es hat sich gezeigt, dass die Einnahme von Melatonin eine wirksame Methode zur Verringerung der Symptome von Schlafstörungen bei Erwachsenen darstellt. Zu diesen Störungen gehören Jetlag und Schlaflosigkeit. Weitere Forschungen zur Verwendung von Melatonin bei Erwachsenen mit saisonal abhängigen Störungen und der Alzheimer-Krankheit werden derzeit durchgeführt.
Kann Melatonin Kindern beim Einschlafen helfen?
Wenn dein Kind Probleme hat, nachts in den Schlaf zu finden oder ausreichend Schlaf zu bekommen, sind Melatoninpräparate eine mögliche kurzfristige Strategie, um die Schlafqualität des Kindes zu verbessern. Die Forschung über die Verwendung von Melatonin bei Kindern ist begrenzt. Studien mit ausgewählten Kindergruppen liefern jedoch vielversprechende Hinweise auf die Wirksamkeit von Melatonin bei der Einleitung des Schlafs.
Melatonin und Kinder mit ADHS
Bis zu 70 % der Kinder mit ADHS leiden unter Schlafproblemen. Sie leiden häufig unter übermäßiger Tagesmüdigkeit, die durch anfängliche Schlaflosigkeit oder nächtliche Einschlafprobleme verursacht wird.
Studien zeigen, dass Kinder mit ADHS, die Melatonin einnehmen, einen besseren Schlaf haben. In einer Studie wurde eine Verringerung der Schlafstörungen festgestellt, was dazu führte, dass die Kinder durchschnittlich 16 Minuten früher einschliefen.
Melatonin und Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen
Zwischen 50 und 80 % der Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) leiden unter Schlafstörungen. Studien zur Einnahme von Melatonin bei Kindern mit ASD haben ergeben, dass sich der Schlafbeginn und die Schlafmenge verbessern. Bei einigen Kindern hat sich auch das Tagesverhalten verbessert, und es scheint nur wenige bis keine Nebenwirkungen zu geben.
Nebenwirkungen von Melatonin
Melatonin gilt bei kurzfristiger Einnahme als relativ sicher und hat nur wenige Risiken. Bei einigen Kindern, die Melatoninpräparate einnehmen, können jedoch leichte Symptome auftreten. Zu diesen Symptomen können Bettnässen, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen und Unruhe gehören.
Derzeit gibt es nur wenige Untersuchungen über die langfristigen Auswirkungen der Melatonineinnahme bei Kindern. Einige Experten stellen in Frage, ob Melatonin als Hormon andere hormonelle Entwicklungen bei Heranwachsenden beeinflussen kann. Weitere Forschungen müssen durchgeführt werden, um die langfristigen Auswirkungen von Melatonin auf Kinder besser zu verstehen.
Kann man Melatonin für Säuglinge verwenden?
Melatonin wird für Säuglinge nicht empfohlen. Die Melatoninkonzentration ist bei Säuglingen bis zu drei Monaten recht niedrig, und ihr zirkadianes System befindet sich noch in der Entwicklung. Derzeit gibt es keine Langzeitstudien zur Anwendung von Melatonin bei Säuglingen.
Wenn dein Kind Probleme mit dem Schlafen hat, sprich mit deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin. Dort kann man die möglichen Ursachen herausfinden und einen Behandlungsplan entwickeln.
Wie viel Melatonin ist zu viel?
Die Dosierung von Melatonin für Erwachsene liegt zwischen 0,5 und 5 Milligramm, die etwa eine Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen werden.
Die empfohlene Melatonindosis für Kinder variiert unter Experten. In Deutschland gibt es keine standardisierte Dosierungstabelle für Melatonin nach Alter oder Gewicht.
Außerdem gibt es keine festen Richtlinien dafür, wann oder wie häufig Kinder Melatonin einnehmen sollten. Der Kinderarzt kann beurteilen, welche Melatonin-Dosierung und welcher Zeitpunkt für dein Kind geeignet sind.
Wann sollte man mit seinem Arzt über Melatonin sprechen?
Schlaf ist für Kinder aus einer Reihe von Gründen wichtig. Während des Schlafs setzt der Körper Wachstumshormone frei und repariert beschädigtes Gewebe und Muskeln. Angemessener Schlaf bei Kindern wird mit guten schulischen Leistungen in Verbindung gebracht.
Wenn dein Kind Schwierigkeiten hat, einzuschlafen oder ausreichend Schlaf zu bekommen, sprich mit deinem Arzt oder deiner Ärztin. Sie können helfen, die Ursache der Schlaflosigkeit zu ermitteln. Häufige Gründe für Schlafmangel bei Kindern sind Schlaflosigkeit und das verzögerte Schlafphasensyndrom.
Gute Schlafhygiene praktizieren
Auch eine gute Schlafhygiene kann die Qualität und Quantität des Schlafs verbessern. Untersuchungen zeigen, dass eine gute Schlafhygiene allein die pädiatrische Schlaflosigkeit in 50 % der Fälle, in denen Melatonin zur Behandlung empfohlen wird, beseitigen kann. Die Kombination aus Schlafhygiene und Melatonin verbessert den Schlaf von Kindern wirksamer als Melatonin allein.
Eine Schlafenszeitroutine, die jeden Abend zu einer festen Zeit stattfindet, hilft dem Kind beim Einschlafen. Zu dieser Routine können beruhigende Aktivitäten wie ein Bad, das Vorlesen eines Buches oder das Singen von Schlafliedern gehören.
Experten empfehlen außerdem, dass Eltern die Nutzung elektronischer Geräte durch das Kind in den Stunden vor dem Schlafengehen einschränken. Das blaue Licht von Geräten wie Telefonen, Tablets, Fernsehern und Videospielkonsolen kann den Beginn der natürlichen Melatoninausschüttung verzögern.
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